Hier ist zu sagen, dass wir heute Treue jeweils individuell definieren. Es geht also auch hier nicht mehr um die eine bekannte Linie mit der Frage: Hast Du mit ihr oder ihm geschlafen. Wobei dieser Punkt nach wie vor sehr ins Gewicht fällt, wenn es um diese Diskussionen geht. Warum eigentlich? Dazu später. Die Pole des Kontinuums Treue sind aber besser anders zu definieren. Und ups, eine Dimension reicht leider nicht aus.
Sexuelle Treue
Es gibt nämlich eine sexuelle Treue, darunter verstehen die meisten Paare sexuelle Exklusivität. Das bedeutet, dass als Konsens des Paares eine erotische Stimulation nur miteinander o.k. ist. Das klingt erstmal einfach, ist es auf den zweiten Blick aber nicht. Es stellt sich die Frage ob ein heißer Flirt noch innerhalb dessen liegt, was dem Konsens entspricht oder schon nicht mehr. Sexuelle Treue kann von begehrenden Blicken auf andere Menschen, über erotische Chats bis zur körperlichen Vereinigung gehen. Was für ein Paar noch o.k. ist muss heute selbst definiert werden oder, es bleibt lange Jahre offen. Und noch eine Anmerkung zu dem Wort Vereinigung. Dieser Begriff bildet eine gute Brücke zu der nächsten Dimension von Treue.
Vereinigung, das klingt nicht mehr nur nach Sex. Das klingt nach Intimität. Hier betreten wir das Territorium einer andern Art von Treue. Es geht darum mit wem ich einen emotional intimen Raum erschaffe. Um sich das besser vorzustellen, hilft es kurz herein zu fühlen welchen realen Abstand Du gern zu anderen, Dir noch unbekannten Menschen hälst. Dieser Abstand ist von Mensch zu Mensch verschieden, irgendwann wird es aber allen ‚zu nah. Wir brauchen einen bestimmten Abstand zu anderen, fremden Menschen um uns sicher zu fühlen.
Ist uns der Mensch dann nicht mehr so fremd, weil wir eine emotionale Verbindung zu ihm aufgebaut haben, darf er uns schon näher kommen, physisch und psychisch. Weil, und das soll hier nur am Rande erwähnt werden, Körper und Psyche stehen in einer kontinuierlichen Verbindung und passen sich gegenseitig aneinander an. Das ist wichtig zu bedenken, wissen tun wir das schon lange. Und hier liegt die Krux im Versuche sexuelle Begegnungen von intimen Verbindungen zu trennen. Sagen wir mal an dieser Stelle, das geht nur bedingt. Und meist nicht lange gut.
Emotionale Treue
Zurück zu der zweiten Dimension von Treue, der emotionalen Bedeutung, die ein anderer Mensch für uns hat. Vielen Menschen ist diese Dimension minestens genauso wichtig wie sexuelle Treue, oft sogar wichtiger. Hier geht es darum welchen emotionalen Stellenwert ich bei meinem Partner habe. Bemessen wird diese emotionale Bedeutung an dem Grad von Aufmerksamkeit, die mein Partner für mich hat. Aufmerksamkeit bedeutet hier die tatsächliche Konzentration auf den anderen. Aufmerksamkeit, auf das was er sagt und was er damit vermutlich meint. Aufmerksamkeit für seine Vorlieben und Abneigungen und den Einbezug dieser Informationen in tägliches Handeln.
Wenn wir das so betrachten, wird auch verständlich, dass wir auch auf anderes, als nur einen anderen Menschen eifersüchtig sein können. Wenn unser Partner*in ständig mit seinem Beruf beschäftigt ist und noch Abends und am Wochenende geschäftliche Emails liest. Es kann auch bestimmtes Hobby und der damit verbundene Freundeskreis sein, der auf Dauer wichtiger erscheint als ich… . Beides kann eine Belastung für die Partnerschaft werden. Der häufigste Konkurrent um die Aufmerksamkeit des Partners ist heute allerdings: das Mobiltelefon. Und wenn es dann noch damit verbunden ist, dass einer der Partner ständig Nachrichten mit einem anderen Menschen austauscht, zu dem er sich auch sexuell hingezogen fühlen könnte, dann, ist der Ärger vorprogrammiert.
Was ist wichtiger: Emotionale Treue oder sexuelle Treue
Aus meiner persönlichen Betrachtung in der Arbeit mit Paaren ist den meisten Männern die sexuelle Treue wichtiger als die emotionale Treue. Wenn Sie hat einen guten Freund hat mit dem sie sich gern und intensiv austauscht und da wirklich nichts anderes läuft, dann stört so eine Freundschaft der Partnerin zu einem anderen Mann, die meisten Männer lange nicht. Frauen haben aus meiner Beobachtung in dieser Hinsicht einen geringen Toleranzraum. Wenn die Freundschaft zu einer anderen Frau und die emotionale Tiefe und Häufigkeit der Gespräche des Partners mit einer anderen Frau ein gewisses Maß überschreitet, fühlt sich das für viele Frauen bald nicht mehr gut an. Das ist umso früher der Fall, je mehr emotionale Tiefe sich die Frau selbst von ihrem Partner wünscht. Was hier emotionale Tiefe bedeutet ist, je nach persönlicher Präferenz der Frau, sehr unterschiedlich. Generell geht es um das Gefühl der Verbundenheit miteinander.
Wenn sich eine Frau emotional sicher mit ihrem Partner verbunden fühlt, kann es daher sogar auch passieren, dass sie kein allzugroßes Problem damit hat, wenn ihr Mann mal Sex mit einer anderen Frau haben möchte. Es gibt ganz unterschiedliche Gründe warum ein Mensch, Mann oder Frau, dass sich wünschen kann auch wenn er sehr glücklich mit dem eigenen Partner ist und diesen auch sexuell sehr begehrt. Der für die meisten Menschen verständlichste Grund ist, wenn der aktuelle Partner der erste sexuelle Partner war. Es gibt dann dieses Bedürfnis einfach mal zu wissen wie es ist, mit einem anderen Menschen.